Diana by Tina Brown
Autor:Tina Brown [Brown, Tina]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783426426418
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2013-12-18T23:00:00+00:00
Fünfzehntes Kapitel
Sex, Lügen und Tonbänder
»Dianas Telefon wurde zweifellos abgehört.«
John Nelson, Audioexperte, 2006
Den Wandel der Monarchie von einer Institution der Macht zu einer Werte bewahrenden Einrichtung überlebte zumindest ein althergebrachter Brauch: der Schweigecode des Hofs â wenn auch nur für eine gewisse Zeit. Obwohl der Mensch bekanntlich nicht unfehlbar ist, sollten die Mitglieder der königlichen Familie trotzdem wahre Säulen höchster moralischer Tugenden sein. Und obwohl sich das Königshaus nicht länger auf die Presse verlassen konnte, ging es weiterhin davon aus, dass dank der Omertà des Hofes und der Diskretion von Freunden persönliche Fehltritte nicht an die Ãffentlichkeit gelangten. Doch auch diese Hoffnung sollte sich als Wunschdenken erweisen. Die neunziger Jahre waren geprägt von einem zunehmenden Konkurrenzkampf im Zeitungswesen. Hinzu kam Dianas Bedürfnis, die Scheinheiligkeit ihrer Ehe zu entlarven, was für das Königshaus eine schmerzhafte Erfahrung darstellte und sich zu einer ernsthaften Bedrohung der Monarchie auswachsen sollte.
Zu Beginn von Charlesâ und Dianas Ehe war die Pressestelle des Buckingham-Palasts für die PR des Paares zuständig. Dort war man selbstgewiss, ja selbstherrlich der Ãberzeugung, dass es die alleinige Aufgabe der Pressestelle war, alles Unpassende und offiziell nicht Bestätigte zu dementieren. »Nein, Prinzessin Anne ist nicht in Captain Mark Phillips verliebt«, erklärte man den Reportern, wenige Tage bevor die Prinzessin ihre Verlobung bekanntgab. »Alles Lug und Trug«, lautete der Kommentar zu Anthony Holdens 1988 veröffentlichter Biographie von Prinz Charles, die seine Ehe als gescheitert darstellte.[792] So erzählte Prinz Andrew einer Gruppe von Journalisten 1998 auf Malta unbekümmert, dass Hofbeamte seit zwanzig Jahren den Medien Lügen über die königliche Familie auftischten. (Der Buckingham-Palast gab sofort eine Erklärung heraus, in der seine Bemerkung »ins richtige Licht gerückt« wurde.[793] ) Naiverweise glaubten die Pressesprecher des Hofs, dass sich der Rummel um Prinz Charles und Diana von allein legen würde. Sie waren gänzlich unvorbereitet darauf, dass Dianas Gesicht wochenlang die Titelblätter sämtlicher Zeitschriften und Zeitungen zierte, und konnten nicht glauben, dass die Gerüchte um diese Ehe nicht einzudämmen waren. Die Presse kümmerte das wenig; sie ignorierte kurzerhand die Dementis des Palasts.
Kelvin MacKenzie, Murdochs rauhbeiniger Chefredakteur bei der Sun, war von 1981 bis 1994 für die Berichterstattung über den Palast zuständig. Für MacKenzie war die königliche Familie eine Art Zirkusnummer, Wasserspeier aus Pappmaché, SchieÃbudenfiguren, auf die man sich Tag für Tag einschieÃen konnte. Die Fotografen bei der Sun nannten die Royals nur »die Deutschen« und sagten, sie gingen »die Deutschen prügeln«, wenn sie Fotos schieÃen wollten.[794] Dem Medienkommentator Roy Greenslade zufolge, der Anfang der achtziger Jahre bei der Sun als Feuilletonist arbeitete, setzte McKenzie dann jedes Mal ein überraschtes Gesicht auf und sagte: »Ich fürchte, wir haben das Königshaus verärgert. Mal sehen, ob uns das heute wieder gelingt.«[795] Dass er die Samthandschuhe abstreifte, war nur ein Symptom für die um sich greifende britische Epidemie der Majestätsbeleidigung. Ein weiteres war der Erfolg der satirischen Puppenshow »Spitting Image« auf ITV. Diese Sendung war dermaÃen einflussreich, dass sie eine politische Karriere zerstören, gelegentlich aber auch fördern konnte. (Die Handtaschen schwingende Figur der Margaret Thatcher beispielsweise, die sich ständig auf ihren memmenhaften Kabinettskollegen stürzte, stärkte das Image der Eisernen Lady.
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